alina_12253623Die Ministerin hat auf meine Email geantwortet
Sehr geehrte Damen und Herren,
Frau Ministerin Bärbel Höhn dankt für Ihr Schreiben und hat mich
gebeten, Ihnen zu antworten.
Die Haltung von Versuchstieren ist ein gesellschaftlich sensibel zu
behandelndes Thema, dem eine besondere Aufmerksamkeit aller
Verantwortlichen in Politik und Verwaltung gebührt. So habe auch ich den
Bericht über die Primatenhaltung in einer privaten Versuchstierhaltung
in Nordrhein-Westfalen mit größter Aufmerksamkeit zur Kenntnis genommen
und habe sofortige Maßnahmen ergriffen, um die Sachverhalte aufzuklären.
Dabei muss unterschieden werden zwischen den Maßnahmen, die zur
Verhütung künftiger möglicher Verstöße gegen tierschutzrechtliche
Vorschriften durch die Vor-Ort-Behörden anzuordnen sind und den
Aufgaben, die nunmehr in den Händen der Staatsanwaltschaft liegen.
Zu den laufenden staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren vermag
ich daher keine Äußerung zu machen, sondern kann mich lediglich auf die
ordnungsbehördlichen Maßnahmen beziehen. Ich habe die Stadt Münster
angewiesen, in ein umfassendes Prüfungsverfahren einzutreten, ob die
Erlaubnis für den Betrieb zur Haltung von Versuchstieren nach 11 des
Tierschutzgesetzes noch weiter aufrechterhalten werden kann. Dieses
Verfahren läuft nach den gesetzlichen Vorgaben des
Verwaltungsverfahrensgesetzes ab und wird einige Zeit in Anspruch
nehmen. Am Ende dieses Verfahrens wird dann über die einzelnen
Sachverhalte zu entscheiden sein und auch darüber, ob in dem
Versuchslaboratorium weiterhin Primaten gehalten werden dürfen.
Des Weiteren habe ich angeordnet, dass bis zum Vorliegen einer
Entscheidung über den Fortbestand der Erlaubnis zum Halten von
Versuchstieren durch Videoüberwachung und qualitätssichernde Maßnahmen
Übergriffe von Betreuungspersonal auf die Tiere weitmöglichst
unterbunden werden.
Dennoch bleibt festzuhalten, dass die Durchführung von Tierversuchen -
gerade an Primaten - mit besonderer Sensibilität durchzuführen ist. Die
vorgelegten Filmaufnahmen zeigen, dass der notwendige Respekt vor den
Tieren in den belastenden Situationen nicht gegeben war. Auch diesen
Feststellungen wird bei den weiteren Maßnahmen Rechnung zu tragen sein.
Im Übrigen müssen wir bei den Tierversuchen ebenfalls in eine neue
Prüfung der ethischen Unerlässlichkeit eintreten. Nach dem Urteil des
Bundesverfassungsgerichts zur Legehennenhaltung und den darin
enthaltenen Aussagen, dass Tieren eine angemessene verhaltensgerechte
Unterbringung zugebilligt werden muss, haben wir sämtliche anderen
landwirtschaftlichen Nutztierhaltungen den gleichen Prüfmaßstäben
unterzogen. Auch daraus haben sich, wie Ihnen sicherlich bekannt ist,
eine Reihe von Veränderungen für die Haltungsbedingungen dieser Tiere
ergeben. Allerdings sind wir auch in diesem Bereich noch nicht soweit,
wie wir es gerne wollten, was sich ja nicht zuletzt an den
Entscheidungen des deutschen Bundesrates zu Fragen der Haltung von
Schweinen und Legehennen erneut gezeigt hat. Aber wir sind auf einem
Weg, der unumkehrbar geworden ist und wir werden ihn weiterhin
kontinuierlich beschreiten.
Bei den Versuchstierhaltungen müssen wir uns auf einen ähnlichen Weg
begeben. Durch die Aufnahme des Tierschutzes als Staatsziel in das
Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland ist eine neue Situation zur
Abwägung der Freiheit von Wissenschaft und Forschung und dem Schutz der
Tiere eingetreten, so dass es gilt, dieses Verhältnis neu zu justieren.
Ermutigende Urteile, so u.a. des Verwaltungsgerichtes Gießen aus dem
Jahre 2003, zeigen, dass auch die Judikative erkannt hat, dass die
Aufnahme des Tierschutzes in die Verfassung der Bundesrepublik
Deutschland zu einer neuen Güterabwägung führen muss.
Vor diesem Hintergrund müssen wir prüfen, inwieweit Tierversuche nach
den Grundsätzen des ethischen Tierschutzes als unerlässlich eingestuft
werden müssen, die insbesondere unter Verwendung von Primaten
durchgeführt werden. Diese Prüfung wird sicherlich nicht in Kürze
abzuschließen sein und bedarf auch umfassender weitergehender
Beratungen. Aber Frau Ministerin Höhn wird sich gemeinsam mit ihren
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dieses Themas annehmen und es in den
politischen und den fachlichen Gremien weiter vorantreiben. Insoweit
hoffe ich, dass wir gemeinsam für das Wohl unserer Mitgeschöpfe noch
vieles bewegen können.
Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrag
Infoservice MUNLV
Ministerium für Umwelt und Naturschutz,
Landwirtschaft und Verbraucherschutz
des Landes Nordrhein-Westfalen
Schwannstraße 3, 40476 Düsseldorf
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