Im Liebe&Beziehung Forum ist eine Diskussion zu einem eigentlich völlig anderem Thema in Richtung (körperliche) Gewalt abgedriftet.
Da es anscheinend Interesse an diesem Thema gibt, starte ich mal diesen neuen Thread.
Allerdings ist dies ein schwieriges Thema für eine Diskussion, weil natürlich jeder (körperliche) Gewalt verurteilt.
Ich spiele daher mal den 'Advocatus Diaboli' um mit paar provokativen Aussagen eine Diskussion zu starten.
Zum Kontext, die letzten Argumente in dem anderen Thread waren sinngemäß:
- die meisten Männer seien herzlos und berechnend und setzen darauf, dass ihre Partnerinnen ihnen alles (Betrug, körperliche Gewalt, ...) aus Liebe verzeihen
- man liest täglich in der Zeitung, dass Männer ihre Partnerinnen misshandeln. Diese schützen ihren Partner dennoch vor der Polizei, anstatt ihn anzuzeigen
und
- der umgekehrte Fall (körperliche Gewalt von Frau gegen Mann) ist nicht seltener, aber Männer trauen sich nicht dies öffentlich zuzugeben
Erste provokative These:
Bei der Diskussion von diesem Thema wird immer außen vorgelassen, dass die meisten Opfer von körperlicher Gewalt Männer sind und zwar durch Angriffe/Prügeleien durch andere Männer. Der Grund warum Gewalt von Männern an Frauen in den Fokus gerückt wird, ist natürlich, dass die wenigsten Frauen physisch und psychisch (Lähmung durch Angst, Kampf- vs Fluchtinstinkt) einer körperlichen Auseinandersetzung mit einem Mann gewappnet sind und somit ein solcher 'Kampf' niemals fair ist. Es ist aber nicht so, dass alle Männer gleich stark und gleich groß sind, d.h. die Mehrzahl der körperlichen Auseinandersetzungen zwischen Männern sind auch nicht fair.
Wenn wir als Gesellschaft aber Gewalt von Männern an Männern als normal/tolerierbar ansehen, ist Gewalt von Männern an Frauen dann wirklich eine Form von 'Unterdrückung' der Frauen oder ist körperliche Gewalt nicht einfach immer das gleiche Verhalten - egal gegenüber welchem Geschlecht? (bitte beachten, dass ich mich hier als Advocatus Diaboli versuche)
Zweite provokative These:
Körperliche Gewalt ist natürlich die primitivste Form von Gewalt, aber nicht die einzige. Dass eine Frau einem Mann körperlich unterlegen ist, bedeutet nicht, dass sie auch völlig machtlos ist. Andere Methoden um seinen eigenen Willen durchzusetzen sind: sich Unterstützung von anderen Personen zu suchen, vollendete Tatsachen zu schaffen, Erpressung, ...
Gerade bei der Suche von Unterstützung durch andere Personen haben Frauen einen Vorteil gegenüber Männer. Die gesellschaftliche Verurteilung von körperlicher Gewalt von Männern an Frauen ist das beste Beispiel hierfür.
Meine provokative Frage hier wäre: wenn wir als Gesellschaft in einen Beziehungskonflikt an dem Punkt einschreiten, wo der Mann körperlich gewalttätig wird, sind wir uns dann *immer* sicher, dass wir auf der richtigen Seite Partei ergreifen? (Köperliche Gewalt muss natürlich immer gestoppt werden! Die Frage zielt eher darauf, auf welcher Seite man sich anschließend positioniert)
Dritte provokative These:
"Schlägst du mich einmal, Schande über dich. Schlägst du mich ein zweites Mal, Schade über mich (bzw. über uns)"
Eine Frau, die von ihrem Mann geschlagen wird, trifft eine bewußte Entscheidung, wenn sie die Beziehung nicht beendet. Dies ist ohne Frage keine gesunde Beziehung und sollte beendet werden.
Natürlich gibt es Frauen, die nicht in der Lage sind zu sehen, wie ungesund eine solche Beziehung ist, wie eine normale Beziehung aussehen sollte und wie sie da herauskommen könnten. Dies trifft aber nicht auf jeden Fall von körperlicher Gewalt zu. Andere Frauen wägen die positiven Vorteile der Beziehung gegen diese 'unangenehme Angewohnheit' ihres Mannes genau ab. Wenn wir als Gesellschaft ein pures Schwarz-Weiß (bzw. Täter-Opfer) Denken pflegen, dann entlassen wir diese Frauen aus ihrer Mitschuld. Dies ist erstmal nicht so schlimm, aber ohne (erzwungene) Reflektion warum sie in ihrer vorherigen Beziehung misshandelt wurde, wird diese Frau in ihrer nächsten Beziehung wieder das gleiche Rollenverhalten einnehmen und die Geschichte wird sich vermutlich immer wieder wiederholen.
Wie gesagt, dies sind provokative Thesen zum Starten einer Diskussion. Also nicht darüber wundern, wenn ich selbst später gegen diese Aussagen argumentiere ;)