Hallo liebes Forum,
ich schreibe hier, weil ich ganz gerne mal ein Feedback hätte. Es geht um meine Nachbarschaft und die momentane Situation.
Kurz zu mir: Ich bin 30 und wohne mit meiner Partnerin nun seit ca. 1 ½ Jahren hier in dieser Wohnung. Ich schreibe gerade meine Uni Abschlussarbeit und arbeite nebenbei bei einer Krankenkasse in der Verwaltung. Meine Partnerin arbeitet 40/W bei der Stadt und musste auch schon beim Gesundheitsamt Corona bedingt aushelfen.
Es handelt sich um ein 4-Stöckiges Mehrfamilienhaus. Die Gegend ist eigentlich recht schön und ruhig. Das Problem ist eher die Nachbarschaft. Um es besser zu strukturieren unterteile ich es mal etwas. Tut mir leid, wenn es zu viel Text ist.
Wir wohnen im zweiten Stock und eigentlich sind sämtliche Mieter, die über uns wohnen, mindestens 60 bis zu 85 Jahre alt. Sie wohnen auch schon alle mehrere Jahrzehnte hier und kennen sich deshalb auch gut. Ich habe später erfahren, dass in der Wohnung in der wir nun wohnen auch jemand jahrelang gewohnt hat, den sie alle gemocht haben und der es mittlerweile bereut hier ausgezogen zu sein…
Jedenfalls ist es seit dem ersten Tag komisch. Wir sind immer nett, grüßen, nehmen Pakete an. Ich habe auch schon mal einen Einkauf hochgetragen. Dennoch ist es z.B. so, dass die Nachbarn sich mal im Treppenhaus treffen, um ca. 1 Stunde lang laut zu lästern. Dabei lassen sie auch kein gutes Haar an uns, obwohl wir uns wirklich nichts zu Schulden kommen lassen. Wir sind beide 30, sehr ruhig und bedacht, keine Kinder, keine Tiere, beide berufstätig, lesen eher, als dass wir TV schauen, hatten in 18 Monaten nur einmal (!) Besuch (auch aus Rücksicht gegenüber den anderen Mietern). Dennoch zerreißen sie sich das Maul über uns. Neuerdings denken sie wir seien „faule Arbeitslose“, weil wir ja immer zu Hause sind. Dabei sind wir beide von unseren Arbeitgebern ins Homeoffice gezwungen worden…
Auch wollte eine ältere Nachbarin mir schon drei Mal ein Gespräch aufzwingen und mit mir über den „blöden ausländischen DHL Boten“ reden, was ich aber dankend ablehnte und wegmusste. Auch meinte einmal eine andere Nachbarin, dass man „euch ja niemals sieht!“, was halt einfach daran liegt, dass wir viel arbeiten sind und nicht zu Hause rumhängen wie sie. Und selbst wenn, muss ich nicht in meiner Freizeit mit Menschen reden, die mich ein Tag vorher noch beleidigt /gelästert haben.
Richtig schlimm wurde es seit Oktober. Vermutlich von Corona genervt, fingen die vier Mietparteien an, sich einfach mal unter der Woche zu treffen und Party zu machen. Das war zwei Mal so, was schon etwas anstrengend war, weil sie bis 1 Uhr machten und man selbst ja früh raus muss. Beim dritten Mal sind sie dann komplett eskaliert und haben die Musikanlage so weit aufgedreht, dass bei mir die Tassen im Schrank vibrierten, unter der Woche, 21 Uhr. Nach zwei Stunden bin ich dann einmal hoch und habe geklingelt, wollte wissen wie lange es noch gehen soll. Mir wurde nicht geöffnet und ich habe aber gehört wie mich jemand durch den Türspion beobachtet hat.
Also bin ich zurück in meine Wohnung. Nach 45min weiterhin Lärm kam auf einmal die Polizei. Die muss halt jemand anderes gerufen haben. Die Polizei hatte komischerweise kein Problem damit, dass ca. 8 Erwachsene ü60 zusammen feierten (trotz Corona), aber dann war jedenfalls Schluss.
Relativ schnell habe ich mitbekommen, dass sie uns dafür die Schuld gegeben haben, also das wir die Polizei gerufen hätten, weil ich ja an die Tür geklopft habe…
Seitdem passieren komische Sachen. Wenn man uns trifft wird freundlich gegrüßt, aber ich kam z.B. einmal nach Hause und sah wie die kleine ältere Dame aus dem 4. Stock vor meiner Wohnungstür stand und ihr Ohr gegen drückte. Als ich sie begrüßt habe, war ihr das sichtlich peinlich und sie hat sich schnell getrollt.
Auch traf ich mal zwei Nachbarinnen, die wussten ich war in Hör- aber nicht Sichtweite und sie haben sich darüber unterhalten, dass „sich manch einer ja nicht an die Reinigung der Treppe hält. Aber nicht jeder hätte wohl eine Erziehung genossen.“ – Dabei halten wir uns sehr wohl daran und putzen regelmäßig.
Heute erst erlebte ich etwas sehr Absurdes: Auf unserer Etage ist seit 5 Tagen die Treppenhauslampe defekt. Ich habe schon zwei Mal die Hausverwaltung angerufen, aber da ging keiner ran. Heute Morgen öffne ich meine Wohnungstür und da steht direkt vor meiner Tür passiv aggressiv eine Glühbirne mitten im Treppenhaus…was soll das denn? Anstatt zu reden? Oder die 10 Sekunden zu haben und selber bei der Verwaltung anzurufen.
(Während ich diesen Text hier geschrieben habe, kam der Hausmeister uns hat es repariert. Auch unterhielten sich zwei Nachbarn direkt vor meiner Tür und einer meinte "Ja, ich habe mal eine Birne gespendet." der andere "Du bist ja SO FREUNDLICH!". - wtf?!)
Das ist alles Gerede, was man ja ignorieren kann zumal es ja nichtmal direkte Nachbarn sind. Am schlimmsten sind aber unsere direkten Nachbarn oben und unten.
Über uns wohnt eine 85 Jährige Frau, die noch voll fit im Kopf ist, was ja gut ist. Nur ist sie leider ziemlich schwerhörig und da sie seit den 70er Jahren (!) in ihrer Wohnung wohnt, ist der Boden auch scheinbar kaum isoliert. Das führt dazu, dass man wirklich jedes Wort hört, was sie in ihr Telefon brüllt. Ich höre sogar die Person auf der anderen Seite der Leitung glasklar. Das führt auch dazu, dass ich alles über diese Frau weiß, obwohl wir nie länger als 10 Sek gesprochen haben. Ich habe sie auch schon über uns lästern hören.
Sie telefoniert jeden (!) Tag von 9 bis 13 Uhr und dann schiebt sie oft irgendwelche Möbel umher, was natürlich auch unfassbar laut ist. Wenn sie dann Besuch hat, was ca. alle 4-5 Tage vorkommt, ist es auch so laut, als würde sie in meiner Wohnung sein und sich anschreien. Und manchmal kommt ihr Sohn vorbei und „parkt“ seinen Hund bei ihr. Da sie aber keine Lust hat sich um den Hund zu kümmern, bekommt er einen Maulkorb um und wird ins Wohnzimmer gesperrt. Das führt dazu, dass man sehr häufig ein Kratzen und Wimmern bis in die Nacht hinein hört…
Das einzige gute ist, dass sie oft ab 19Uhr ins Bett geht und es abends bei ihr eher ruhig ist. Dafür ist es echt jeden Tag so, also egal ob Wochentags, oder WE oder Feiertag. Über ihr wohnt eine ebenfalls schwerhörige 72 Jährige, die eh niemals da und neben ihr ist die Ausenwand.
Die Nachbarn unter uns sind sogar noch schlimmer. Es ist ein Paar, das genauso alt ist wie wir. Allerdings haben sie zwei Kinder. Einen 5-Jährigen und ein 9 Monate altes Baby. Bis vor der Geburt des zweiten Kindes hat man sie kaum gehört, aber seitdem ist es unfassbar schlimm. Auf einmal lassen sie ihren Großen oft 1-2 Stunden am Stück durch die Wohnung rennen, wie ein eingesperrtes Tier. Dabei tritt und schlägt er dann gerne gegen Wände und Türen, was natürlich jedes Mal meinen Boden beben lässt. Der Vater ist tagsüber immer arbeiten bis 16 Uhr und die Mutter mit dem Baby zu Hause. Das führt dazu, dass sie aber auch gerne mal den Kleinen auf den Boden setzt, wo er dann auch gerne mal 30min am Stück mit Gegenstände um sich schlägt/wirf, so dass es bei mir sehr laut zu hören ist. (Ich weiß, ich hätte das vorher auch nicht geglaubt, aber es ist wirklich sehr sehr laut. Ich habe mal mit einen Freund telefoniert und der hat mich gefragt was das für ein Lärm bei mir wäre.).
Der Mutter scheint das aber auch alles egal zu sein, stattdessen ist sie mittlerweile immer so bis 3 Uhr nachts wach und schaut laut Netflix, was ich sogar bei mir oben höre und nicht verstehen kann wie ihr Mann so schlafen kann bei dem Lärm. (Sie war wohl die meiste Zeit ihres Lebens arbeitslos). Dann steht sie um 6 auf, bringt ihren Großen in die Kita, kommt nach Hause und legt sich hin. So geht das jeden Tag. Heißt im Grunde ist dort unten von 6 Uhr morgens bis tief in die Nacht hinein durchgehend Terror, aber voll willkürlich. Es gibt mal ruhige Tage und an anderen ist stundenlang Krach.
Wir waren auch schon zweimal unten und haben es angesprochen, da wir ja nun mal wirklich arbeiten müssen und dazu einfach nicht kommen, wenn sie da jeden Tag stundenlang ausflippen. Erst wirkten sie sehr einsichtig und es täte ihnen leid usw., aber kaum waren zwei Tage vergangen, war alles wie vorher. Vor allem die Mutter tut halt so, als wenn wir uns nicht anstellen sollen (und vielleicht ist sie auch etwas neidisch, dass wir ohne Kinder „freier sind“als sie, keine Ahnung.). Dabei sind es ja nicht per se die Kinder die den Lärm machen, sondern eher dass es den Eltern alles so unfassbar egal ist. Also ich finde schon, dass man einem 5-Jährigen erklären kann, dass wenn er schon 2-3 Stunden schlagend, schreiend durch die Wohnung rennt und es 22 Uhr ist, er vielleicht mal aufhören könnte. Vor allem wenn wir ihr zweimal erklärt haben, dass wir da oben arbeiten MÜSSEN. Sagt ja keiner, dass man die Kinder knebeln soll. Aber einfach mal Rücksicht nehmen. Stattdessen lassen sie ihn einfach machen, die Türen aus Spaß zuknallen, gegen Wände treten und machen als einzige Reaktion danebensitzend einfach ihren Fernseher lauter…
Im Sommer sitzen sie dann beide samt Kinder auf dem Balkon, kettenrauchend, aufs Handy starren (CandyCrush), Vater bechert Bier.
Wenn ich auch Rentner wäre oder arbeitslos, wäre das vielleicht nicht so arg schlimm. Aber dem ist ja nicht so. Wir müssen früh aufstehen und arbeiten. Und hätten halt auch gerne mal nach einer harten Woche wenigsten ein wenig Ruhe in der eigenen Wohnung, aber daran ist hier seit Monaten nicht zu denken dran. Ich laufe mittlerweile oft mit Ohropax tagsüber durch meine Wohnung, weil es nicht zum Aushalten ist. An Heiligabend, die unter uns hatten in ihrer 3 Raumwohnung Besuch, so dass sie da zu 8 waren, 4 eskalierende Kinder und über mir großer Familienbesuch, wo sich auch locker 6-7 Leute auf 58qm anschrien, hatte ich von 8 bis 21 Uhr durchgehend Ohrschutz auf. Und als ich ihn um 21 Uhr absetze hörte ich wie die unter uns gerade die Musik aufdrehte und einer der Gäste die Mutter gefragt hat „Oh, ist das nicht zu laut?“ und die Mutter antwortet „Ach, ist doch egal, mach laut.“… So waren die ganzen Feiertage. Ich glaube, die haben einfach alle zu viel Zeit und Langeweile.
Das Ganze führt mittlerweile dazu, dass ich regelrecht Angst vor dem Wochenende habe bzw. vor Feiertagen. Ich habe morgen z.B. Geburtstag und mein einziger Gedanke war bisher: „Was kann ich tun, damit ich an dem Tag nicht hier in meiner lauten Wohnung bin.“. Das ist doch krass.
Auch sind meine Freundin und ich dadurch auch sehr oft angespannt und streiten uns deshalb sogar manchmal. Mal abgesehen, dass ich in Behandlung wegen Depression bin (mir geht es aber schon bedeutend besser als früher).
Ich weiß gerade echt nicht weiter. Den Vermieter hatten wir schon vor paar Wochen mal kontaktieren, aber wir können ja auch schlecht sagen „Das ganze Haus ist laut und gegen uns.“ – obwohl das ja die Wahrheit wäre. (Und nochmal, wird sind wirklich entgegenkommend. Ich habe nicht mal eine Soundanlage, wenn ich Musik höre über Kopfhörer und sind einfach immer darauf bedacht leise zu sein).
Längerfristig planen wir also eh einen Aus/Umzug. So möchte man ja nicht wohnen. Nur wird das so schnell in den nächsten 1-2 Jahren nichts werden, vor allem aufgrund des Wohnungsmarktes.
Sollte jemand bis hierhin gelesen haben: Eine Idee wie mit der Situation umzugehen?
Ich musste mein Homeoffice mittlerweile abbrechen und fahre wieder ins Großraumbüro, weil es einfach nicht ging. Ansonsten versucht man auszuweichen, spaziergehen usw. Ich hoffe ja stark auf die Zeit wenn Corona vorbei ist und man wieder mal mehr ausweichen kann.
Aber momentan ist es mir echt zuwider in meiner eigenen Wohnung zu sein – was ja krass ist...